6. Februar 2012 | Von Tobias G. | Kategorie: Reviews
Vor noch gar nicht all zu langer Zeit hatte ich das vermeintliche Debüt „In De Mond Van Het Onbekende wacht een Oceaan“ der niederländischen Band Murw zur Rezension auf meinem Schreibtisch. Zumindest nahm ich an dass es sich bei der professionellen Scheibe um den Erstling der Holländer handelt. Tatsächlich aber scheint das Werk zwar meine, nicht aber die Erwartungen der Gruppe an eine würdige erste Vorstellung zu befriedigen. Vier Jahren nach dessen Veröffentlichung sind Murw also bereit nun auch offiziell auf ihren beliebten Demos aufzubauen und schockieren dabei gleich mit einem unerwartet anderem Sound.
Der Bezeichnung „(Post) Black Metal“ zumindest können Murw nicht mehr gerecht werden. Tiefe Growls die eine Einleitung unnötig zu machen scheinen tönen direkt aus den Boxen und lassen mich nach der Verwirrung um die Bezeichnung als „Debüt“ ein weiteres mal daran Zweifeln dass ich hier tatsächlich der selben Band wie im vorherigen Jahr mein Ohr leihe. Außer zu einem kurzen Moment im Song „De Buitenstaander“ der mit einer klaren Stimme überrascht, ziehen sich diese schleppenden Death Metal Vocals dann tatsächlich durch die komplette Scheibe, die auch instrumental eine klare Kehrtwendung vorgenommen hat. „In de Mond…“ war eine bemerkenswerte Mischung aus Black Metal mit 70er Rock Einflüssen und atmosphärischen
Melancholie-Momenten. „Kanker“ ist da in vieler hinsichtlich anders, da Murw sich nun offenbar als Hybrid zwischen Doom und Death Metal sehen. Neben den stetig mächtig walzenden Growls, die mich stellenweise an Opeth erinnern, hat man auch spürbar das spielerische Tempo gedrosselt. Natürlich finden immer mal wieder Riffs und Synthies einzug, die so auch ohne weiteres auf der Demo Platz gefunden hätten, doch Querverweise zu ziehen wird bei den gerade mal vier überlangen Stücken dennoch schwierig. Zwar hat ihre Progressivität unter dem Sinneswandel nicht gelitten, aber vieles was „In de Mond…“ für mich ausgemacht hat, weicht auf „Kanker“ in den Hintergrund. Die Musiker hinter der seit 1997 bestehenden Band sind nach wie vor keine Lebenslustigen Gesellen, das machen nicht zuletzt Artwork und Texte bewusst, dennoch fehlt mir die vor Melancholie triefende Atmosphäre des Vorgängers. Und auch dem „Underground“ scheint man entwachsen zu sein. Hatte ich damals noch dass Gefühl das mit der räudigen Eigenproduktion des letzten Demos sicher nicht jeder klarkommen wird, wurde die Band hier vollkommen glattpoliert. Was im Black Metal vielleicht nicht von jedem gern gesehen ist, kommt zumindest hier gebührend zur Geltung. Murw´s psychedelische Riffs und 70er Ausflüge haben eine ordentliche Produktion vollkommen verdient und machen mit einem vernünftigen Sound gleich eine viel bessere Figur.
Nichtsdestotrotz ist eine Bewertung im eigentlichen Sinne nun natürlich schwerer als für gewöhnlich. Nicht jedem muss der neue Weg der Niederländer zusagen, und auch ich persönlich ziehe ihre letzte Demo diesem Komplettwerk in jedem Fall vor. Betrachte ich „Kanker“ allerdings als unabhängig von den 15 vorangegangenen Jahren Bandgeschichte bleibt unterm Strich eine ungewöhnlich abwechslungsreiche, spannende und erfrischend „andere“ Death Metal Scheibe in die es sich als Freund progressiver Töne reinzuhören lohnt. Ob die Lobpreisungen des Labels als „beste niederländische Metal-Scheibe aus 2011/12“ der Wahrheit entsprechen bleibt natürlich abzuwarten – ein guter Start ins Jahr ist „Kanker“ allemal.
[contentbox headline=“Murw – Kanker“ type=“normal“]Label:
Heidens Hart
Bandpage:
http://www.murw.info/
Veröffentlichungstermin:
31. Dezember 2011
Trackliste:
- Kanker
- Als Sneeuw Voor de Zon
- De Buitenstaander
- Artificiality
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