23. September 2013 | Von Tobias G. | Kategorie: Reviews
Beim glücklicherweise selten verwendeten Begriff „Medieval Black Metal“ schießen mir beinahe nur Tolkien- bzw. Summoning-inspirierte Truppen in den Kopf. Komischerweise nicht aber wirklich Schattenvald, die sich diesen Titel doch auch schon vor einiger Zeit auf die Fahne geschrieben haben. Auf „I“ und „II“ war von dem Ganzen schließlich noch nicht so viel auszumachen. Klar, hin und wieder war eine etwas folkloristisch angehauchte Passage zu vernehmen, aber wenn die Vocals aufs stärkste verzerrt sind, ist es freilich schwierig eine Verbindung zu Rittern, Drachen und Burgfräulein aufzubauen. „III“ nun, als Abschluss der Trilogie und vorläufig auch meiner kleinen Berichtsreihe, lässt jedoch jedoch etwas mehr Raum für mittelalterliche Spekulationen.
Man sollte denken, dass mir gerade hier die Rezension besonders leicht über die Tastatur geht – nenne ich doch nun schon seit Erscheinen in 2008 die Erstauflage des bis dato ausgereiftesten Schattenvald Werkes mein Eigen. Obwohl die Nachfrage nach den Alben des Soloprojektes des ehemaligen Agrypnie Session-Musikers durch die Vorgänger bereits absehbar war, erschien auch „III“ in der knappen Auflage von lediglich 100 selbstgefertigten Einheiten, an die so wohl ohne weiteres nicht mehr heran zu kommen sein dürfte. Das Artwork der Neuauflage nun unterscheidet sich von denen der anderen dadurch, dass der Wald zwar noch etwas düsterer wirkt, anders als bisher jedoch ein helles Licht das Dunkel durchdringt. Was man da nun hereininterpretieren möchte sei jedem selbst überlassen, denn das Digi gibt ebenso wenig Aufschluss wie die der vorangegangenen Alben. Angesichts der Tatsache, dass Nachtsturm allerdings zwischenzeitlich schon das Ende seines Projektes angekündigt hatte, und nun doch mit dem neuen Sänger Iskharian das Album „IV“ in den Startlöchern steht, liegt hier die Vermutung nahe, dass man von einem symbolischen Neuanfang sprechen kann.
Aber ich will nicht Kommendes vorweg nehmen, sondern mich mit Nachtsturms letztem Werk als Solokünstler auseinandersetzen. Wieder einmal muten Titel wie „Morgenstund hat Blut im Schlund“ oder “Rot vor Hass glühts im Gebirg” im ersten Moment etwas pathetisch an, zertreuen anfängliche Skepsis jedoch sehr schnell. Die Texte zu ersterem, sowie zu „Der Sturm der Unsterblichen” stammen dabei von Andreas Gryphius und sind wie gewohnt nur als kurzer Ausschnitt im informationskargen Digipack angedeutet. Wer jetzt allerdings glaubt, die Texte des Dichters aus dem 17. Jahrhundert wären der Grund warum ich eine Betitelung wie „Medieval Black Metal“ in diesem Ausnahmefall als angemessen erachte, ist jedoch auf dem Holzweg. Besonders im zweiten Titel “Rot vor Hass glühts im Gebirg“ lässt sich ein leichter Hang zum Power Metal ausmachen und auch eine folkloristische Atmosphäre ist ab der Hälfte des Titels nicht mehr von der Hand zu weisen. Dabei ist der Hörer wieder einmal hin- und hergerissen zwischen
träumerischen Melodien und geschickt eingesetzten Synthies zu sägendem Gitarrenklang, die Berglandschaften vor dem inneren Auge malen und einen starken Hang zur Naturromantik durchschimmern lassen. Wo ich eben noch von spürbaren Power Metal Einflüssen sprach, kommt der „Angriff“ dann sogar thrashig rumpelnd und prügelnd daher. Ganz so, als wollte man seine Vielschichtigkeit dann noch zusätzlich unterstreichen, findet sich auf dem Album dann sogar ein unerwartetes Cover. Immerhin wird hier nicht zum drölfzigsten Male irgendeine frühere Glanztat von alten Norwegern gecovert, sondern mit „Gomorrah“ ein Sodom-Titel in Schattenvald Format gepresst. Ungewohnt kurz, auf den Punkt gebracht und dennoch unverwechselbar auf den Stil seiner eigenen Stücke gemünzt. Obwohl gerade das Keyboard ziemlich fremd bei einem Titel der deutschen Thrash-Institution anmutet, funktioniert das Ganze doch unerwartet gut. Der wie immer stark verzerrt gekeifte Gesang donnert aus den Boxen und macht den Refrain des Titels sogar zu einem kleinen Orwurm, der dennoch gut an das wieder sphärische Folgestück „Ein letzter Blick in weite Ferne“ anschließt.
„III“ stellt für mich außer Frage den bisherigen Höhepunkt des Solo-Schaffens des Franken dar. Genau wie auf dem Vorgänger lassen sich im Hintergrund Schlüsselmomente an den Keys und viele kleine Details ausmachen, die das Album ausgesprochen langlebig machen. Damals wie heute komme ich kaum los von den melodischen Riffs, giftigen Ausbrüchen und gekonnten Ambientmomenten. Von Schattenvald wird man, jetzt wo sich endlich ein Label der viel zu wenig gewürdigten Musik angenommen hat, definitiv noch viel hören. Ich für meinen Teil kann das im November erscheinende „IV“ kaum erwarten – auch um zu sehen, wie Schattenvald mit neuem Sänger funktioniert.
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Label: Kristallblut Records / Obscure Abhorrence Productions
Format: CD
Veröffentlichungstermin: 18.08.2013
Trackliste:
- Morgenstund hat Blut im Schlund‘
- Rot vor Haß glühts‘ im Gebirg‘
- Angriff
- Der Sturm der Unsterblichen
- Gomorrah (Sodom cover)
- Ein letzter Blick in weite Ferne
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