19. November 2012 | Von Silas Mellentin | Kategorie: Reviews
Wie man das von mir kennt, hab ich beim kommenden Saille-Album natürlich sofort zugeschlagen, sodass ich nun leider die Chance auf Fen verpasst habe. Nichtsdestotrotz eine lohnenswerte Spontanreaktion, denn das Album ist gut! Die belgischen Melodie-Junkies können nicht nur mit dem guten Sound überzeugen, sondern haben neben den normalen englischsprachigen Texten auch noch deutsche Passagen eingebaut. Und es gibt noch weitere Qualitäten, die in ihren Bann zu ziehen verstehen.
Als allererstes schlägt einem vollmelodischer Symphonie-Nebel entgegen, der es für gewöhnlich mit sich bringt, dass man die idealistischen und künstlerischen Ansprüche der Interpreten nicht mehr ganz ernst nehmen kann. Bei Saille ist es jedoch genau umgekehrt. Die Keyboard-Chöre und -Streicher unterstreichen vielmehr die Atmosphäre der Musik. Diese wiederum wechselt ein ums andere Mal ohne Vorwarnung von eiskalter Black Metal-Mörderstimmung zu leichter Melodeath-Kost und hin und wieder auch ein wenig in – durch Rockinstrumente unterstützte – Klassik. Neben diesen ziemlich aufwändigen Arrangements haben Saille auch bei der Produktion nicht gespart: Glasklarer Sound, ohne dabei klinisch zu wirken. Technisch einwandfrei gemacht.
In der Einleitung erwähnte ich bereits eine deutsche Textpassage. Diese taucht im zweiten Song auf, der unter Anderem noch mit regelmäßigen Tempowechseln aufwarten kann. Der Text scheint aus der Bibel zitiert zu sein, jedenfalls ist er auf dem sprachlichen Niveau dort einzuordnen, und gibt wortwörtlich die Aussagen Luzifers wieder. Und auch wenn man in dem – übrigens gesprochenen – Part deutlich einen französischen Akzent heraushören kann, so ist er doch ein gutes Stilmittel, das man auch gerne recyceln darf.
Ohne es zu merken, geht es auch schon weiter mit dem nächsten Song. Dieses Prinzip hält sich über das ganze Album, zwar sind die Stücke nicht direkt aneinander geschnitten, jedoch hallt die Atmosphäre eines Songs noch so lange nach, dass man den Anfang des nächsten Liedes kaum bemerkt. Diese sind zudem noch absolut passend, sie holen einen also immer da ab wo man steht.
An achter Stelle folgt mit dem Titel „Runaljod“ mein Favorit, vor allem finde auch das ruhige Intro toll, welches ausnahmsweise mal nicht klassisch ist, sondern von nordischem Folk inspiriert. Neben dem Intro jagt mir auch der weibliche Teil der Vocals immer wieder Gänsehaut über den Rücken, währen auch der Rest besser ist als bei den anderen Songs.
Bemerkenswert ist, dass es trotz vollkommener Melodik und Symphonie immer wieder Black Metal-typische Melodieführungen gibt, also dissonante Gitarrenläufe, unterlegt mit den dazu passenden Blastbeats und dem Gekeife von Sänger Dennie Grondelaers. Das allein reicht Mastermind und Keyboarder Dries Gaerdelen offenbar noch nicht aus. Er hat zudem deiverse Gastmusiker engagiert, unter anderem an Cello, Violine und Posaune.
Für Saille-Verhältnisse ist der Sound dieser Scheibe insgesamt ein wenig dunkler, jedoch ist sie durchzogen von immer wieder aufkeimenden Licht-Momenten, sodass sie insgesamt relativ ausgewogen ist. Ausgewogen ist sie noch in vielen anderen Dingen: Auf Aggression folgt Melancholie, auf Schnelligkeit meistens Midtempo. Sehr ausgewogen also, fast ein wenig zu ausgewogen für meinen Geschmack. Wenn man nun ein so brillant gespieltes und produziertes Album vorlegen will und mit derartig genialen songwriterischen Fähigkeiten ausgestattet ist wie diese Band, dann – finde ich – sollte man sich stimmungsmäßig für eine Richtung entscheiden, oder auch eine konstante Entwicklung in eine bestimmte Richtung vollziehen. Wenn man denn schon zwischen den Stimmungen wechseln muss, dann wenigstens sanft und vor allem bitte nicht so oft! Das ist das einzige Manko, was leider sehr schwerwiegend ist – alles Andere an dem Album ist einfach nur geil! Wer auf Melodie steht sollte es trotzdem kaufen, Saille haben es mal wieder geschafft eine willkommene Alternative zu Dimmu Borgir und Cradle of Filth zu schaffen. Übrigens sind sie ab Erscheinen des Albums im Januar 2013 zusammen mit Negura Bunget auf Tour, die Termine findet ihr auf der Website. Wird sich bestimmt lohnen!
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Label: Code666
Bandpage: http://www.saille.be/
Format: CD
Veröffentlichungstermin: 18. Januar 2013
Trackliste:
1. Blood Libel
2. Subcutaneaous Terror
3. Fhtagn
4. Upon the Idol of Crona
5. Sati
6. A Titan’s Sacrifice
7. Haunter of the Dark
8. Runaljod
9. Ritual Descent
(7/10)
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