29. Oktober 2012 | Von Tobias G. | Kategorie: Reviews
Habt ihr euch im Sommer mal den Trailer zum neuen Shining Album auf Youtube angesehen? Ich bin beim surfen zufällig darauf gestoßen und war mehr als überrascht, dass mit „Redefining Darkness“ schon wieder eine neue Platte ansteht. Wenn man von „VII: Född Förlorare“ dann so begeistert war wie ich, clickte man voller Enthusiasmus auf den Link und bekam erst mal die volle Breitseite der Kvarforth’schen Marketingstrategie um die Ohren geschlagen. Der Schwede sitzt nackt in einer mit Kunstblut gefüllten Badewanne und schreibt mit einem Dildo Sachen an die Wand während er offensichtlich mit einem anderem Sexspielzeug eine innigere Beziehung eingeht – musikalischer Inhalt: Gleich Null (oder falls er da war hat ihn niemand bemerkt). Was war das nun? Die Einen reagieren angewidert, die Anderen haben nichts anderes erwartet, aber sein Ziel dürfte der Mann erreicht haben – die achte Shining Platte ist im Gespräch und es daher nötig sie im Folgenden etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Das Booklet gibt sich ähnlich undurchsichtig wie das geschmackvolle Video. Lediglich weiß, mit einem schwarzen Balken – im Inneren ist bildhaft erklärt wie man sich einen Strick aus einem Seil knotet. Als ob ihm überhaupt jemand die Depressionen noch wirklich abnimmt. Konzertgehabe und blöde Statements haben ihm eher den Ruf einer mediengeilen „Attention-Whore“ eingebracht. Nichtsdestotrotz ist der Mann objektiv gesehen als Musiker eigentlich immer nur gewachsen. Bedenkt man dann, dass die Scheibe aus dem vergangenen Jahr sowie das Meisterwerk „Halmstad“ wohl seinem gesamten Schaffen bereits die Krone aufgesetzt haben, ist es schwer zu glauben, dass Kvarforth hier wirklich irgendetwas noch einmal neu definieren kann. Und tatsächlich klingen die ersten Töne direkt, als ob der Schwede den Erfolg dem ihm der Kurs der letzten Alben eingebracht haben dürfte einfach nur auf´s äußerte ausreizen möchte. Seine röhrende Black’n’Roll Stimme reißt direkt beim Opener „Du, Mitt Konstverk“die volle Aufmerksamkeit an sich und klingt als ob er dem Alkohol genau so wenig abgeneigt ist wie anderen Drogen. Wie bereits gehabt, steht sie auch auf dieser Scheibe im krassen Kontrast zu der so verletzlich wirkenden klaren Stimme, die auf der Cover EP vor ein paar Monaten noch so überzeugend klang, bei seinen eigenen Songs nun glücklicherweise aber wieder ordentlich zurückgeschraubt wurde und höchstens beim Eingängigen „Hail Darkness Hail“ größere Beachtung findet. Die Ambitionen Opeth in diesem Punkt von ihrem Thron stoßen zu wollen scheinen daher schon mal abgenommen zu haben – was aber nicht heißt dass die Progressivität neuerer Shining darunter gelitten hätte. Nach wie vor erweist sich Kvarforth als Mann, der sich darauf versteht anspruchsvolle Riffs zu kreieren, und seine Musik todtraurig zu gestalten ohne dabei die technische Finesse vermissen zu lassen.
Das Problem ist leider, dass man trotz allem Gefrickel und wirklich geschickten Arrangements, die bei kleineren Bands vielleicht wie ein Meisterwerk wirken würden, wirkliche Innovation vermissen lässt. Vieles (nahezu alles) kommt einem wie schon zig fach gehört vor, wenn man die letzten drei Scheiben der Schweden nicht verschlafen hat. Und auch Höhepunkte wie das Saxophon-Solo in „The Ghastly Silence“ oder das reine Klavier-Intrumental „Det Stora Grå“ wollen einem trotz einer angenehm ruhigen Atmosphäre abseits vom Black Metal keinen wirklichen „Aha!“ Effekt bescheren. Stattdessen verläuft man sich viel zu oft in langatmige Passagen, die durch die technische Professionalität der Band zwar wirklich große Klasse sind, aber eben auch nicht darüber hinweg täuschen dass dieses Album für Leute die Shining nicht erst seit gestern hören absolut nichts neues bietet – und vor allem – keinesfalls an ein Album wie „Halmstad“ heran reicht. Angesichts dieses Punktes fühle ich mich innerlich hin- und hergerissen und es wird deutlich schwieriger „Redefining Darkness“ an dieser Stelle so zu bewerten wie das Album es sicher verdient hätte. Erwartungen an Bands können eben auch zu groß sein. Grundsätzlich wird man sicherlich sagen können, dass Anhängern der letzten Alben genau das geboten wird was sie hören wollen – leider ohne Neuerungen. Shining-Einsteigern lege ich dann doch lieber den Vorgänger an’s Herz. Letztendlich ist „Redefining Darkness“ jedoch auch ohne irgendetwas neu zu definieren ein musikalisch herausragendes Album, das man objektiv gesehen nicht einmal schlecht bewerten kann – und vielleicht leuchtet ja auch mir irgendwann einmal ein was das Ganze nun mit der One-Man Porno Session in der Badewanne zu tun hatte.
[contentbox headline=“Shining – Redefining Darkness“ type=“normal“]
Label: Spinefarm Records
Bandpage: http://www.shiningasylum.com/
Format: Jewelcase CD
Veröffentlichungstermin: 26.10.2012
Trackliste:
1. Du, Mitt Konstverk
2. The Ghastly Silence
3. Han Som Hatar Människan
4. Hail Darkness Hail
5. Det Stora Grå
6. For the God Below
[/contentbox]
Gelesen: 288 · heute: 0 · zuletzt: 02.11.2024